Schlucktherapie

Die Schlucktherapie umfasst eine Vielzahl von Behandlungsansätzen, die sich an der Ätiologie und der spezifischen Symptomatik von Dysphagien orientieren. Eine versierte Behandlung erfolgt meist in einem interdisziplinären Team und erfordert eine fokussierte und akkurate Diagnostik.

Jegliche Formen von Schluckstörungen werden unter dem Begriff Dysphagie zusammengefasst. Um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden, ist eine auf die Bedürfnisse des Patienten angepasste Therapie notwendig.

Schlucktherapie

Eine erfolgreiche Behandlung der meist komplexen Symptomatik setzt sowohl eine akkurate Diagnostik als auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Fachdisziplinen voraus. Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Methoden und Zielsetzungen in Abhängigkeit von Ätiologie, Stadium und Prognose der Erkrankung. Die Dysphagie ist ein unabhängiger Prädikator für ein schlechtes Outcome nach Schlaganfall. Somit ist es eines der relevantesten Symptome dieser Erkrankung. Laut aktueller Leitlinie zur Behandlung neurogener Dysphagien sollten daher in der Akutphase eines Schlaganfalls mögliche Symptome einer Dysphagie zeitnah erfasst und entsprechend behandelt werden. Denn für den Krankheitsverlauf und die weitere Prognose ist nicht nur das Vermeiden einer Aspirationsbedingten Lungenentzündung ausschlaggebend, sondern die Sichterstellung einer ausreichenden Nutrition sowie der sicheren Tabletteneinnahme.

Gleiches gilt aber ebenso für Patienten mit progredienten neurologischen Erkrankungen, wie z.B. der multiplen Sklerose, ALS oder dem Parkinonssyndrom sowie für Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren. Auch hier ist neben der Pneumonie-Prophylaxe unbedingt auf eine ausreichende Ernährung und Hydrierung zu achten. Parkinsonpatienten nehmen die Anzeichen einer Schluckstörung in der Regel erst sehr spät oder auch überhaupt nicht wahr. Neben der eingeschränkten oralen Speichelkontrolle und dem Unvermögen auch Nahrung im Mund zu behalten, werden häufig auch Medikamente nur unzureichend abgeschluckt und können im Rachenraum oder der Speiseröhre verbleiben. Da insbesondere bei Parkinsonpatienten eine Verbesserung der Bewegungsfähigkeit (sog. ON-Phase) von einer regelmäßigen und sicheren Medikamenteneinnahme abhängt, sollte, wenn möglich, die Applikationsform frühzeitig angepasst werden.

Ganz allgemein stellt Behandlung von Dysphagien die Erfassung der Symptomatik sowie der zugrundeliegenden Pathophysiologie durch eine klinische, vor allem aber auch apparative Diagnostik, eine wesentliche Voraussetzung dar.² Eine zielgerichtete Dysphagietherapie bezieht sich dabei auf alle Altersstufen und ist nicht auf eine jüngere Patientenklientel beschränkt.

Aber auch Tumorerkrankungen oder Entzündungen führen vermehrt zu den genannten Beschwerden. Denn verhältnismäßig oft entwickeln gerade Menschen höheren Lebensalters eine Dysphagie und können dabei auch von einer Schlucktherapie profitieren.

 

Wie verläuft eine Schlucktherapie?

Zur übergeordenteten Zielsetzung einer Schlucktherapie gehört, die Schluckfähigkeit – sei sie auch noch so reduziert – allmählich wieder auf- und auszubauen, zu einer teilweisen oder gar vollständigen oralen Ernährung zurückzukehren oder Restfunktionen so lange wie möglich zu erhalten, um eine sog. „Non-use-Problematik“ zu verhindern.

Schlucktherapeutische Interventionen setzen sich aus diätetischen, logopädischen und medikamentösen Behandlungen zusammen. Lokal-interventionelle Optionen und moderne Neurostimulationsverfahren, wie die pharyngeale Elektrostimulation kommen in der Dysphagie-Therapie ebenfalls zum Einsatz.

Ziele der Schlucktherapie im Überblick

 

  • Wiederherstellung des physiologischen Schluckvorgangs
  • Erreichen einer vollständigen oder teilweisen oralen Nahrungsaufnahme
  • Sichere orale Medikamenteneinnahme
  • Vermeidung von Malnutrition, Dehydration und Aspirationspneumonien
  • Wiederherstellung oder zumindest eine Verbesserung der Lebensqualität

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Dysphagie-Therapie Übungen

Die logopädische Therapie umfasst spezielle Übungen, wie Schluck-, Stimulations- und Bewegungsübungen. Diese sollen zu einer Verbesserung der gestörten Funktionen beitragen und helfen, wichtige Schutzmechanismen, wie Räuspern und Husten, zu erhalten oder wieder aufzubauen. Mit speziellen myofunktionellen Übungen lässt sich die am Schlucken beteiligte Muskulatur stärken und langfristig erhalten.

Schlucktraining bei Schluckstörungen

Die Schlucktherapie vereint im Wesentlichen die Wiederherstellung des natürlichen Schluckvorgangs, die Linderung der Beschwerden und die Vermeidung dysphagieassoziierter Komplikationen. Aber auch die Selbstständigkeit des Patienten soll nach Möglichkeit wiederhergestellt oder zurückerlangt werden.

  • Restituierende Verfahren

Stimulations-, Bewegungs- und Schluckübungen sollen zur Verbesserung und Wiederherstellung von Funktionen und Fähigkeiten beitragen.

  • Kompensatorische Verfahren

Verschiedene Schlucktechniken sowie Haltungsänderungen sollen zu einer Verbesserung des Bolustransports sowie einer Unterstützung von Schutzfunktionen, wie einem suffizienten laryngealen Verschluss vor und während dem Schluckakt beitragen.

  • Adaptierende Verfahren

Eine individuell angepasste Dysphagie-Kost und der Einsatz von Ess- und Trinkhilfen können das Schlucken ebenfalls erleichtern. Insbesondere bei Patienten mit Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die eine hohe Aspirationsneigung aufweisen, kann eine geänderte Konsistenz hilfreich sein und ein Verschlucken verhindern. Wie aktuelle Studien zeigen, kann das Andicken von Flüssigkeiten das Aspirationsrisiko in bestimmten Fällen reduzieren. Zur Vermeidung von Residuen bietet sich die zusätzliche Anpassung, bzw. Verringerung des Bolusvolumens an.1

 

Schluckübungen bei Dysphagie

Zu den gängigsten und best untersuchten Methoden zählt das Shaker-Manöver (Kopfhebeübung). Es eignet sich vor allem für Patienten mit einer schwachen oberen Zungenbeinmuskulatur und einer eingeschränkten Öffnung des oberen Ösophagussphinkters. Mit dieser Übung, die im Liegen durchgeführt wird und sowohl isometrisch als auch isokinetische Kopfhalte und -absenkbewegungen beinhaltet, lassen sich Stärke und Ausdauer dieser Muskulatur verbessern. Zudem scheinen Residuen und Verschluckneigung reduziert zu werden. 1

Des Weiteren kann mit gezielten Übungen die Zungenmuskulatur gekräftigt werden und zur Verbesserung der Schlucksicherheit beitragen. 1

Mit dem Masako-Manöver (auch „Zungenhalteübung“ genannt), bei der die Zunge während des Speichelschluckens mit den Schneidezähnen festgehalten wird, soll ebenfalls eine Kräftigung der Zungen- und zusätzlich der Pharynxmuskulatur erreicht werden. 1

Bei Patienten mit eingeschränkter hyolaryngealer Elevation und/oder beeinträchtigter Öffnung des oberen Ösophagussphinkters führte das Mendelsohn-Manöver zu Verbesserung der Schluckeffizienz. 1 Auch hierbei werden schluckrelevante Funktionen verbessert, indem die Patienten angewiesen werden, den Kehlkopf während des Schluckens in der elevierten Position für mehrere Sekunden zu halten. Da diese Übung meist nicht leicht erlernbar ist, kann sie durch spezielle Biofeedback-Verfahren unterstützt werden.

Neuere Studien, insbesondere an Parkinsonpatienten, haben darüberhinaus gezeigt, dass sich auch ein gezieltes Ausatemtraining (sog. expiratory muscle strengh training; EMST) günstig auf die Schluckfähigkeit auswirkt. Empfohlen wird dieses Verfahren inzwischen auch für Patienten mit Motoneuron-Erkrankungen sowie Schlaganfall. 1  Inzwischen kann auch eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse beantragt werden.

Hilfe bei Schluckstörungen

Je nach Schweregrad der Dysphagie sind mitunter weitere Maßnahmen zur Verhinderung einer Malnutrition bzw. Exsikkose notwendig. Während für eine kurzzeitige Sicherung der Ernährung eine nasogastrale Magensonde verwendet wird, ist bei länger persistierender Dysphagie die Anlage einer PEG-Sonde häufig unerlässlich.

Patienten mit oropharyngealer Dysphagie profitieren außerdem von einer guten Mundgesundheit. Um Pneumonien umfassend vorzubeugen, sollte daher eine konsequente Mundhygiene erfolgen. 1

Bei schwersten Dysphagien kann zum Schutz der Atemwege auch eine Tracheotomie notwendig sein. Sie kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn der Patient ständig Speichel aspiriert oder die Sauerstoffversorgung nicht mehr gewährleistet werden kann.

In manchen Fällen können auch bestimmte Pharmaka zur Behandlung von Dysphagien zum Einsatz kommen, die auf verschiedene Weise positive Effekte auf das Schlucknetzwerk haben more helpget codebest replica watch sitesleather phone casephone case brands. So weiß man, dass eine Optimierung der L-Dopa Medikation bei manchen Parkinson-Patienten zu einer Verbesserung des Schluckens führt (sog. L-Dopa sensitive Dysphagie)³. Durch den Einsatz von TRPV1-Rezeptoragonisten, wie Capsaincinoide sowie Piperine (Inhaltsstoffe der Chillischote bzw. von schwarzem Pfeffer) können sensible Äste schluckrelevanter Nerven stimuliert und so sowohl die Schlucksicherheit als auch die -Effizienz verbessert werden4.

Bei Schlaganfallpatienten kann zur Pneumonieprophylaxe die Gabe von Amantadin empfohlen werden.

In manchen Fällen sind jedoch ergänzende Medikamente notwendig. Sie dienen dazu, häufige Begleitsymptome, wie beispielsweise einen vermehrten Speichelfluss (die sog. „Hypersalivation“) zu lindern.

Als Ergänzung zu logopädischen Therapieverfahren haben in der jüngeren Zeit auch Neurostimulationsverfahren, wie beispielsweise die PES („pharyngeal electrical stimulation“), bei der der Zungengrund und die hintere Pharynxwand mittels eines transnasal eingeführten dünnen Katheters elektrisch gereizt werden, an Bedeutung gewonnen. Diese Methoden folgen dem Konzept der Neuromodulation, das in der neurologischen Rehabilitation auch in anderen Bereichen zum Einsatz kommt.

Bei manchen Patienten, bei denen beispielsweise eine Störung der Sphinkterfunktion oder auch ein mechanisches Hinderniss, wie z.B. knöcherne Anbauten an der Halswirbelsäule (sog. zervikale Spondylose) bzw. eine Stenose der Speiseröhre für die Schluckstörung verantwortlich sind, lassen sich die Beschwerden nur durch minimalinvasive oder chirurgische Verfahren behandeln.

 

Kann man Schluckstörungen heilen?

Auch wenn eine Heilung nicht immer möglich ist, so trägt die Schlucktherapie doch in vielen Fällen zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen bei. Wichtig ist hierbei, dass die Maßnahmen auf die individuelle Symptomatik der Patienten abgestimmt ist und das Störungsmuster im Vorfeld durch eine akkurate Diagnostik evaluiert wurde.

 

Quellenangabe

  1. Dziewas R., Pflug C. et al., Neurogene Dysphagie, S1-Leitlinie, 2020, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien. Abgerufen am 15.02.23.
  2. Keller J, Durwen H (Hrsg.) (2022). Diagnostik von Dysphagien. In: Schluckdiagnostik. Ein praxisorientiertes Fallbuch mit besonderer Berücksichtigung der FEES. Kohlhammer-Verlag.
  3. Warnecke T, Oelenberg S, Teismann I, et al. Endoscopic characteristics and levodopa responsiveness of swallowing function in progressive supranuclear palsy. Mov Disord 2010; 25: 1239-1245.